Am 24. Juli 2010 veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (AsJ) Bayern ihre Landeskonferenz in München. Anlässlich der jüngst vom Bundestag beschlossenen Verkürzung des Wehr- und Zivildienstes auf sechs Monate bildete die juristische Bewertung und Erörterung dieser Reform, auch unter Einbeziehung einer völligen Abschaffung des Wehr- und Ersatzdienstes in die Diskussion, den inhaltlichen Schwerpunkt der Konferenz. Hauptreferenten waren Prof. Dr. Alexander Graser, Professor für vergleichendes Öffentliches Recht und Sozialpolitik an der Hertie School of Governance (Berlin), und MdL Dr. Thomas Beyer, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Die Moderation oblag Prof. Dr. Tonio Walter, dem bisherigen Vorsitzenden der AsJ Bayern und Mitglied des AsJ-Bundesvorstandes, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Europäisches Strafrecht der Universität Regensburg.
Prof. Dr. Graser beleuchtete die Thematik aus juristischer Perspektive, wobei er sich nach instruktiver Einführung im Wesentlichen der Frage widmete, ob der Wehr- und Zivildienst aufgrund der nunmehr kurzen Dauer sinnlos und damit möglicherweise verfassungswidrig sei. Den Prüfungsmaßstab bildeten Art. 12 und 12a GG. Im Ergebnis führe die Kürze der Dienste, so Prof. Dr. Graser, wohl nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit, die Sinnhaftigkeit sei zudem eine eher politische Entscheidung. Ein weiteres in diesem Zusammenhang relevantes Problem, das Prof. Dr. Graser ansprach, war der Einsatz von Zivildienstleistenden in privatgewerblichen Einrichtungen, die sich von den Privatgemeinnützigen dahingehend unterscheiden, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht arbeiten. Nach der geltenden Rechtslage besteht aber kein expliziter Ausschluss eines derartigen Einsatzes mehr, es ist lediglich von der Notwendigkeit eines Allgemeinwohlbezuges die Rede, der aber auch den Privatgewerblichen nicht per se abgesprochen werden kann. Hier ging Prof. Dr. Graser allerdings mangels ausdrücklicher formellgesetzlicher Grundlage von einer Unvereinbarkeit mit geltendem Verfassungsrecht aus. Ein letzter Punkt, den der Referent ansprach war die beihilfenrechtliche Relevanz des Einsatzes von Zivildienstleistenden als verbilligte, anteilig vom Staat gezahlte Arbeitskräfte in grenznahen Gebieten mit Blick auf ausländische Konkurrenten. Da davon auszugehen sei, dass der Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 Abs. 1 EGV) erfüllt sei, bleibe zu klären, ob es sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handele und somit der Rechtfertigungsgrund des Art. 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EGV) eingreife. Diese Ausführungen des Prof. Dr. Graser reicherte Dr. Beyer anschließend durch Beispiele und Zahlen aus der Praxis an und betonte, dass der Zivil- als Wehrersatzdienst zum Wehrdienst im Verhältnis der Akzessorietät stehe. In der abschließenden Diskussionsrunde ging es dann mit Blick auf die aktuelle Musterungs- und Einberufungspraxis im Wesentlichen um die mangelnde Wehrgerechtigkeit. Am Nachmittag wurde ein neuer Vorstand gewählt, dessen neue Vorsitzende Dr. Minou Banafsche, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, ist.